Stochastik erkunden – Ideenreiche Arbeitsblätter mit GeoGebra
Stochastik erkunden von Wolfgang Riemer und Reimund Vehling ist Mitte Dezember 2021 im Friedrich Verlag erschienen. Das Buch, das aufgrund des Einbands und Formats eher wie ein Heft wirkt, hat es in sich. Nachdem ich es gelesen hatte, brauchte ich erstmal zwei Tage Pause, um die Fülle an Informationen einigermaßen in meinem Kopf zu ordnen.
Stochastik erkunden ist keine bloße „Arbeitsblattsammlung“. So kann man es auf der Buchrückseite lesen. Das stimmt! Es ist viel mehr, es beinhaltet nämlich:
- eine kreative Ideensammlung wirklich interessanter stochastischer Fragestellungen und Probleme,
- eine Vielzahl an Arbeitsblättern, die sich durch offene, binnendifferenzierte, kompetenz- und verstehensorientierte Aufgaben auszeichnen,
- zu den Arbeitsblättern passende GeoGebra-Dateien (Links zu GeoGebra-Applets),
- eine Anleitung für GeoGebra in Form von für die Stochastik wichtige Befehle z.B. zur Datenauswertung, zum Simulieren, zur Binomial- und Normalverteilung, so dass sich auch GeoGebra-Neulinge an das Programmieren eigener Dateien wagen können, sowie
- didaktische Hinweise und Lösungshinweise zu den Arbeitsblättern (Die didaktischen Hinweise hätten für meinen Geschmack noch ausführlicher ausfallen können.)
Nichts Neues?
Gut, solche GeoGebra-Dateien und passende Aufgabenblätter sind ja erstmal nichts Neues. Aber doch, diese sind anders! Es geht bei jeder Aufgabe darum, dass Schüler*innen im Sinne der kognitiven Aktivierung selbst aktiv werden: Sie können entweder mit auf den Arbeitsblättern vorgegebenen Hinweisen kleine Programme zu zuvor händisch durchgeführten Experimenten (z.B. Warten auf die Sechs, S. 15) selbst erstellen und dadurch selbst aufgestellte Hypothesen überprüfen. Oder aber sie nutzen fertige Dateien, um damit Simulationen und deren Auswertungen eigenständig durchzuführen oder um mithilfe der Dateien neue Zusammenhänge zu erarbeiten und zu verstehen (z.B. die Formel zur Berechnung von Konfidenzintervallen (S. 59 ff.)). Und, das ist mir besonders wichtig: Es handelt sich um ansprechende Aufgaben, die größtenteils auf laut Bildungsstandards auszubildende Kompetenzen abzielen, also tatsächlich im „normalen“ Unterricht einsetzbar sind.
Neben der Auswahl der Aufgaben gefällt mir, dass die Aufgaben miteinander vernetzt sind.
So zieht sich das -Gesetz durch das Buch und wird auf unterschiedlichen Niveaus für unterschiedliche Klassenstufen aufgegriffen und später z.B. als Vorwissen für Konfidenzintervalle genutzt.
Mein Fazit:
Ein abwechslungsreiches Buch mit vielen tragfähigen Ideen, die sofort Lust machen, sie im Unterricht umzusetzen. Meine absoluten „Highlights“:
- Die böse Sechs (S. 20): ein Spiel, bei dem man mit einer frei gewählten Anzahl an Würfeln würfeln darf. Ist eine Sechs dabei, bekommt man keine Punkte, ansonsten gewinnt man die Augensumme (bereits mit der Familie getestet; eignet sich auch für Vertretungsstunden),
- Lernen aus Erfahrung (S. 47 ff.): mithilfe von neuen Informationen aus Erfahrung lernen und Vermutungen darüber anstellen, aus welchem von drei Urnen mit einer unterschiedlichen Anzahl an weißen und roten Kugeln gezogen worden ist (bedingte Wahrscheinlichkeiten),
- Die Wette gilt! (S. 58): anhand einer Wette als Aufhänger, dass es niemand aus der Klasse schafft, bei 100-maligem Werfen einer Münze weniger als 30 oder mehr als 70 mal „Wappen“ zu erhalten, werden Zufallsschwankungen bei einer unterschiedlichen Anzahl an Versuchsdurchführungen untersucht,
- Warten auf das nächste „Äh“ (S. 89): Verteilung von Wartezeiten auf „Ähs“ in Erklärvideos mithilfe der Exponentialfunktion beschreiben
Einziger Wermutstropfen sind einzelne Rechtschreib- oder Druckfehler im Buch, die hoffentlich mit der 2. Auflage oder im Downloadmaterial noch beseitigt werden.
Disclaimer: Das hier vorgestellt Buch wurde regulär von mir gekauft.