Gedankenlesen - Problemlösen mit Termen
Zahlen- oder Rechentricks in Form von „Zaubertricks“ sind im Mathematikunterricht hinlänglich bekannt. Sie sind zwar motivierend, oft kann der Trick jedoch schnell durch Ausprobieren mehrerer Anfangszahlen entdeckt werden.
Es ergibt sich dann z.B. als Ergebniszahl immer dieselbe Zahl wie bei diesem „Zaubertrick“:
- Denke dir eine Zahl.
- Verdoppele diese Zahl.
- Addiere 8.
- Dividiere das Ergebnis durch 2.
- Subtrahiere die Ausgangszahl.
Meinen Schüler*innen reichte es oft aus, die Lösung des Tricks zu kennen. Die Notwendigkeit, einen solchen Trick mithilfe eines Terms zu erklären, war für sie nicht gegeben.
Gedankenlesen
Spannender sind daher Rechentricks, deren Lösung sich nicht durch Ausprobieren mehrerer Zahlen ergibt. Das Gedankenlesen (https://mathemia.de/minds/) ist ein Beispiel dafür:
Hier vermuteten meine Schüler*innen zwar ebenfalls zunächst, dass sich mit jeder Anfangszahl dieselbe Endzahl ergäbe, doch diese Vermutung ließ sich schon durch zweimaliges gemeinsames Durchführen des Gedankenlesens entkräften. Weitere Vermutungen wie „Der Computer hört mit und zeigt deshalb das richtige Zeichen an“, ließen sich anschließend in einer individuellen Arbeitsphase widerlegen.
Problemlösen mit einem Term
Zum Verstehen des hinter dem Gedankenlesen stehenden Zahlentricks könnten zwar viele oder alle 90 zweistelligen Anfangszahlen ausprobiert werden, das Aufstellen und Interpretieren eines Terms stellt aber eine zeitsparendere Methode dar und ermöglicht einen motivierenden Einstieg ins Problemlösen mit Termen.
Dazu muss den Schüler*innen vorher bereits der Term für eine beliebige zweistellige Zahl bekannt sein. Außerdem müssen sie gleichartige Terme addieren und subtrahieren können. Das Aufstellen und Zusammenfassen des Terms ist verhältnismäßig einfach. Deutlich komplexer ist aber die Interpretation des zusammengefassten Terms . Dieser lässt erkennen, dass die Einerziffer der ursprünglich gewählten zweistelligen Zahl keinen Einfluss auf das Endergebnis hat und dass sich für alle zweistelligen Zahlen lediglich neun verschiedene Endergebnisse ergeben können, die nur von der Zehnerziffer abhängen. In der Ergebnismatrix befindet sich hinter diesen neun Endzahlen immer dasselbe Symbol:
Das ist das Symbol, das das Programm am Ende durch vermeintliches Gedankenlesen bestimmt und anzeigt. All diese Entdeckungen können im Anschluss anhand der konkreten Rechenanweisungen des Gedankenlesens erklärt werden. Die Interpretation des Terms muss durch geeignete Hilfestellungen unterstützt werden. Ich habe in meinem Unterricht dafür unterschiedlich stark vorstrukturierte Arbeitsblätter genutzt (siehe Materialien).
Metareflexion zum Problemlösen
Nach dem Lösen des Tricks sollte auf jeden Fall eine Phase der Metareflexion zum Bewusstmachen heuristischer Elemente, hier der Verwendung eines Terms als Hilfsmittel, und der Einsicht in dessen Wirksamkeit folgen. Die Hausaufgabe in den Materialien war in meinem Unterricht der Ausgangspunkt für diese Reflexionsphase. Im Anschluss lassen sich die neuen Erkenntnisse auf ähnliche, aber etwas komplexere Rätsel übertragen wie z.B. das, das man auf www.onlinewahn.de (unter Rätsel-Spaß und Gedankenlesen) zu zweistelligen Zahlen findet. Dazu muss den Schüler*innen zusätzlich das Vereinfachen einer Minusklammer bekannt sein.
Materialien
Die Materialien zur Stunde und zur Hausaufgabe sowie eine Differenzierungsaufgabe können unter Beachtung der OER-Lizenz CC BY-SA 4.0 genutzt und weiterverwendet werden.